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Wintergarten – Ein Berliner Tempel der Unterhaltung und der kulinarischen Ergüsse? (+English version)

 

(Please, scroll down for the English version)

Der Winter ist eine raue Jahreszeit, in der all das blühende Leben zu erlöschen scheint. Gnadenlos zieht Eis und Kälte durch das Land und lässt Mensch und Tier zittern und bibbern. Ruhe und Stille legen sich wie ein dicker Schleier auf die Wälder und Straßen bei Nacht und es scheint mir nahezu, als könnte ich, umarmt von Dunkelheit, mein eigenes Zwinkern vernehmen.

Aber wir sind hier nicht mitten im Harz! Wir befinden uns in fucking Berlin! Wir sind das Herz Deutschlands. Wir sind lebendig, laut, wild und hungrig! Die Essenz dieser Lebendigkeit, die die Seele unserer glorreichen und dreckigen, herrlichen und verkommenen Hauptstadt füllt, könnt ihr – angeblich – fast schon in einer Überdosis im kleinen aber feinen Varieté-Theater „Wintergarten“ in euch aufnehmen. Entspricht das wirklich der Wahrheit? Nun, um die Frage zu beantworten, werde ich im Folgenden den Wintergarten genau unter die Lupe nehmen.

Ein schickes Ambiente ummantelt in Rot und Gold…

Nun war es so weit. Fortuna war gnädig mit mir und schenkte mir eine Einladung zur weihnachtlichen Firmenfeier meines Freundes– im Wintergarten. Auch ich durfte nun die Freuden einer der legendärsten „Show & Dine“-Veranstaltungen im Wintergarten mit dem Titel „All Night Long“ erfahren. Essen und dabei eine umwerfende Show genießen für 80 Euro pro Person – Leute, was wollt ihr mehr? In Schale geworfen wie der Rest des Publikums betrat ich ehrfürchtig den mittelgroßen und einzigen Ess- und Vorstellungssaal des Theaters, der im Stil eines Zirkus der 20er Jahre glänzte. Der Saal war schön, doch nicht überwältigend. Mir wurde erst ein „Wow“ entlockt, als ich zur kunstvollen, hohen Decke hochblickte, die durch leuchtende kleine Lampen einen Sternenhimmel darstellte.

 

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Der Service hingegen war alles andere als Gold…

Ah, wie ich mich auf die versprochenen kulinarischen Ergüsse freute. Trotz der heiteren Stimmung an unserem Tisch ließ sich jedoch mein kritisches Denken nicht einfach abschalten. Perfektion sah anders aus. „Hey, wann kommt das Essen. Wie läuft das hier ab? Was ist los? Ich kapier nix.“, explodierte mein Sitznachbar vor Verwirrtheit. In der Tat war der gesamte Ablauf nicht einmal ansatzweise transparent und klar. Auch der Kellner beglückte uns etwas zu selten mit seinem glanzvollen Antlitz. Die Organisation schien ein paar Mängel aufzuweisen.

Das Essen – ein Schmaus, doch nicht für jedermann…

Diese Befürchtung hat sich letztendlich als wahr erwiesen, als die Vorspeise, eine schmackhafte Selleriesuppe mit knusprigen Rote-Beete-Chips, ohne Ausnahme für die Herrschaften im Saal mit Krabben serviert wurde. Vegetarier hatten demnach Pech. Auch die Hauptspeise war ein Traum für Karnivoren: zarte Entenstücke mit Knödel, Rotkohl und eine Portweinsoße. Oh Gott, es war ein Schmaus, wenn es nach mir ginge. Jedoch konnte mein Lebensgefährte, der kein Liebhaber von Ente ist, meine Euphorie nicht teilen aufgrund des kompromisslos festgelegten Menus. Auch mit einem mittelmäßigen Gin konnte er diese Enttäuschung leider nicht wegtrinken. Das Dessert war dann für uns beide ein kleiner Verdruss. Vielleicht aber waren wir einfach zu jung, um die Schönheit von einer herrlich süßen Nachspeise zu begreifen, die mit Alkohol verfeinert wurde. Geschmäcker sind eben verschieden. Ich persönlich mochte es nicht.

 

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Die Show – eine gekonnte Symbiose aus Musik und Akrobatik…

Allerdings hatte ich nicht wirklich die Zeit, mich selbst und vor allem meinen Freund zu bemitleiden. Schließlich konzentrierte sich die Hälfte meines Verstandes auf die Show, die bereits nach der Vorspeise angefangen hatte. „All Night Long“ entpuppte sich als eine Symbiose aus einem musikalischen Live-Act, der sich besonders auf große Hits der amerikanischen Blues- und Soul-Szene spezialisiert hat, und zirkusartistischen Showeinlagen. Jongleure, ein Balancekünstler, eine Pole-Tänzerin und viele Artisten, die in der Luft rumgewirbelt wurden, haben uns recht gut eingeheizt. Allerdings hatte ich das Gefühl, dass ich diese Acts auch in jedem anderen Zirkus hätte sehen können. Während also die Zirkusartisten uns ihr Talent auf wahrlich virtuose Art und Weise in Perfektion präsentierten, sangen und musizierten die Musiker unterstützend im Hintergrund. Die wahrlich großartigen und souligen Stimmen und die Musiker, durch deren Adern musikalisches Talent zu fließen schien anstatt Blut, stellten für mich persönlich das Highlight der Show dar. „Purple Rain“ von Prince, „Billy Jean“ von Michael Jackson, „Soul Man „ von den Blues Brothers aber auch aktuellere Songs wie „We could have had it all“ von Adele gaben die beiden Leadsänger mit ihren wunderschönen und atemberaubenden Stimmen wieder. Herrgott. In diesem Moment habe auch ich mir gewünscht, wenigstens ein Hundertstel ihres musikalischen Talents zu besitzen.

Whitney Houston ist nie von uns gegangen,…

Der absolute Knüller des Abends betrat die Bühne jedoch in der göttlichen Gestalt der unglücklicherweise verstorbenen Whitney Houston. Und für einen Moment dachte ich, sie wäre von den Toten wieder auferstanden, so authentisch sah das Double aus. Auch der Gesang konnte sich mit der Engelsstimme der Soul-Diva messen. Trotz Begeisterung entzog es sich aber nicht meiner Aufmerksamkeit, dass zweifelnde und fragende Gesichter im Publikum Whitney betrachteten. Da flutschte es aus meinem Sitznachbar heraus: „Scheiße. Whitney ist keine Frau.“ Meine Kinnlade fiel zu Boden, als Whitney urplötzlich zu einer tiefen Männerstimme wechselte. Wow. Whitney war ein Mann. Und nicht nur das. Whitney war ein Berliner Urgestein, geboren in Schöneberg. Die Stimmung war nun am Höhepunkt, beflügelt durch Whitneys strahlende Präsenz und natürlich durch den Alkohol.

 

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Wintergarten – nicht ganz der Olymp der Unterhaltungskunst, aber…

Im Abschluss erlaube ich mir nun, ein Urteil zu fällen, indem ich mich mit der Frage auseinandersetze, die ich mir vor meinem Abend im Wintergarten gestellt habe. Ist das wirklich Berlin gewesen? Unser verrücktes Berlin, das Entertainment großschreibt und Essen auf hohem Niveau wertschätzt? Der amerikanische Soul, der die Show dominierte, lässt anderes vermuten, während sich auch so manche Kritik in der Organisation und im Service finden ließ. Die Zweifel mitsamt der wahrgenommenen Imperfektion des Services konnte ich jedoch mit etwas Prosecco und Wein und dem schmackhaften Entengericht im Nu herunterschlucken. Schließlich ist auch Berlin alles andere als perfekt. Anstatt uns den Abend mit kritischem Denken zu verdüstern, sangen wir lieber „I wanna dance with somebody“ mit der männlichen Whitney Houston. Denn die Stimmung war definitiv auf Berliner Niveau. Es war laut, es war vielseitig, es war witzig und multi-kulturell und es war voller Überraschungen und genau das ist der Stoff, aus dem Berlin gemacht ist. Somit kann ich den Wintergarten zwar nicht als ultimative Definition von Entertainment betrachten, jedoch kann man ihn schon als einen Berliner Tempel der Unterhaltung und der kulinarischen Freuden bezeichnen, den ihr euch in der Tat nicht entgehen lassen solltet.

Nächstes Jahr geht’s übrigens ins Palazzo.

 

Bilder- und Informationsquelle:  http://www.wintergarten-berlin.de/

Impressum:

Wintergarten Varieté
Potsdamer Straße 96
10785 Berlin
Telefon +49 (030)-588 43-40
Fax +49 (030) – 588 43-490
info(at)wintergarten-berlin.de

 

 

 

English version

Winter truly is a rough season during which life seems to be extinguishing. Ice and cold mercilessly roam the country, leaving both humans and animals shivering and trembling. Silence and serenity embrace the forests and roads like a thick white veil at night and it almost appears as if I could – encased in darkness – perceive myself blinking.

But we are not in the middle of some forest. We are in fucking Berlin! We are the heart of Germany. We are dripping with life, we are wild and hungry. The essence of this agility, the soul of our glorious and dirty, wonderful and debauched capital city can be experienced in the small but nice vaudeville theater “Wintergarten” … or so rumors say. But is this the truth? Well, in order to answer this question, I will take a closer look at the Wintergarten in the following.

A chic atmosphere coated in red and gold…

Now, the time has finally come. Fortuna has eventually shown some mercy and blessed me with an invitation to the Christmassy party of my spouse’s company. Ultimately, I was allowed to indulge in the joys of the most legendary show-and-dine events Wintergarten has to offer: The show is called “ All Night Long”. Good food and entertainment at its best for only €80 per person? Guys, what more could you want? Dressed up to look like a fine lady just like the rest of the audience, I entered the medium-sized show and dine hall of the theater which is designed in the style of a circus from the 20ies. The hall was beautiful, but not necessarily overwhelmingly gorgeous. However, I was forced to mutter a “Wow.”, when I looked up to the artful, high ceiling, whose sparkling small lamp constructions represented a starry sky.

The service sadly was anything but gold

Oh, how I looked forward to the promised culinary pleasures. Despite the jolly atmosphere at our table, I really couldn’t turn off my critical thinking. Perfection definitely was not the right word to describe the service. “Hey, when is the food served? What the hell is going on? I don’t get it…”, my table neighbor exploded with confusion. Indeed, the entire procedure was anything but transparent and clear. On top, our beloved waiter didn’t delight us enough with his wonderful presence. The whole organization seemed to be characterized by flaws.

The food – a feast, but not for everyone…

This fear turned out to be true as the appetizer, a very delicious celery soup with crispy beets chips, was finally served without any exceptions to everyone in the hall – with shrimps. This meant that vegetarians simply were unlucky. The entrée too was a dream for true carnivores: delicate boneless duck thighs with potato dumplings, apple red cabbage and an immaculate red-wine sauce. Oh yes, this was a feast – at least in my opinion. My boyfriend however who wasn’t a lover of duck meat couldn’t share my euphoria due to the uncompromisingly determined menu. Unfortunately, he couldn’t even drown his disappointment in the mediocre gin he ordered. The dessert sadly was a little letdown for both of us. Maybe we are just too young and our tastes not developed enough to grasp the joy of infusing sweet dishes with alcohol. Well, each to his own. I personally didn’t like the dessert.

The show – a successful symbiosis of live music and acrobatics…

Nonetheless I really didn’t have the time to pity my spouse and myself. After all, half of my consciousness was focused on the show which already began after the appetizers. “All Night Long” turned out to be a symbiosis of a musical live act, which particularly specialized in performing American soul and blues hits, and circus arts. Jugglers, a balance artist, a pole dancer and many artists which seemed to dart through and get thrown into the air succeeded in entertaining us. But I really had the feeling that I have seen most of their tricks already somewhere. While the circus artists presented their talents on the stage, the musicians sang and virtuously played their instruments to support the acrobats’ shows. Man, I couldn’t help but fall in love with the great and soulful voices. Purple Rain by Prince, Billy Jean by Michael Jackson or Soul Man by the Blues Brothers but also recent tracks such as We could have had it all by Adele were perfectly rendered by the skilful musicians and singers.

Whitney Houston has never left us…

The ultimate burner of the evening however entered the stage in the graceful shape of the unfortunately late Whitney Houston. And for one moment, I thought that she rose from the dead. Her double looked just like her. Her angelic voice too could be compared with that of the soul diva. Despite my euphoria, I didn’t fail to notice the doubtful and questioning faces of the audience. And then it slipped out of the mouth of my table neighbor: “Shit. Whitney is not a woman.” My jaw dropped, when Whitney suddenly switched to a very deep man’s voice. Wow. Whitney was a man. As if that wasn’t enough, we got to know that Whitney was a real Berliner born in Schöneberg. The crowd was cheering like mad, the air was filled with excitement, partly driven by the alcohol.

Wintergarten – not quite the Mt. Olympus in terms of entertainment and service, but…

In the end, I allow myself to pass judgment on this very exciting establishment by dealing with the question which I asked myself before the evening in the Wintergarten. Was this really Berlin – our crazy Berlin which attaches utmost importance on entertainment and culinary art on a high level? Well, the American soul music of course suggests something the contrary, while the service additionally definitely had to be criticized in regard to some points. The doubts along with the perceived imperfection of the service however could definitely easily be drunk away with the help of Prosecco and wine. In addition, the soup and the duck was really amazing and on spot from my point of view. Well, we have to keep in mind that Berlin itself is anything but perfect. In the end, I just could think of how loud, wild, culturally diverse and funny the entire show was and this is exactly what defines Berlin. Wintergarten definitely is not the ultimate definition of amusement, but it can be called a Berliner temple of entertainment and culinary joys. Seriously, don’t miss out on any opportunity to pay a visit to this establishment.

By the way, next year we’re going to Palazzo.

Copyright and Source: http://www.wintergarten-berlin.de/

Wintergarten Varieté
Potsdamer Straße 96
10785 Berlin
Telefon +49 (030)-588 43-40
Fax +49 (030) – 588 43-490
info(at)wintergarten-berlin.de

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